Hallo allerseits,
ich hab Euch ja gestern abend zwei Texte aus der Bibel vorgelesen. Zunächst eine kurze Korrektur: die Briefe von Paulus stehen natürlich nicht im Alten Testament, sondern im Neuen Testament. Es gibt im Gottesdienst immer einen Text aus den Episteln, und einen aus den Evangelien. Das ist aber beides im Neuen Testament. Naja, man lernt nie aus.
Dann: mein Gemecker über den Römerbrief von gestern kann ich jetzt ein bißchen egalisieren: nachdem Pastorin Krüger in ihrer Predigt auf gar nicht so vielen Metaeben unterwegs war wie ich gedacht hatte bei dem Text, bin ich ein bißchen glücklicher damit. Paulus will mit seinen Schreckensszenarien eher Verständnis für die ach so schreckliche Welt zeigen als irgendwovor Angst zu machen, vielleicht. Immerhin ein guter Ansatz. Frau Krüger war so nett und hat mir ihren Predigttext zugeschickt, hier ist er im Originallaut:
Röm 8, 18ff.
Liebe Gemeinde,
heute ist Volkstrauertag – ein staatlicher Gedenktag zur Erinnerung an die Schrecken der letzten beiden Weltkriege. Ein offizieller Tag der Trauer und Erinnerung, nicht nur für die Angehörigen jener Menschen, die in diesen Kriegen zu Tode kamen, sondern für unser ganzes Volk.
Wir gedenken – wir erinnern uns. Erinnerung hält das Erinnerte im Gedächtnis.
Wir gedenken der Opfer von Krieg und Gewalt, von Völkermord, Verfolgung und Vertreibung, aber auch des Widerstands.
Wir erinnern uns an das unsägliche Leid, das Millionen von Menschen in unserem Land und in anderen Teilen der Erde zugefügt wurde.
Wir haben ihn nötig, den Tag der Trauer, den Tag der Erinnerung, den Aufruf gegen Gleichgültigkeit und Gewöhnung.
Denn niemals dürfen wir damit aufhören, uns die Sinnlosigkeit von Krieg und Gewalt vor Augen zu führen!
Diese Erinnerungen des heutigen Tages stellen wir unter die Worte des Römerbriefes im 8. Kapitel, die wir zuvor gehört haben:
„Denn ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll.“
Ich möchte mich diesem Text in drei Schritten nähern:
1. Die Leiden dieser Zeit
2. Die Leiden und das Kreuz
3. Die Offenbarung der Herrlichkeit
1. Die Leiden dieser Zeit
Paulus weiß, dass wir alle der irdischen Vergänglichkeit unterworfen sind. Er macht uns deutlich: zu unserem Leben hier auf Erden gehört auch Leid und Schmerz. Davor können wir nicht weglaufen. Das gehört zu unserem Leben dazu. Es kommen immer wieder einmal dunkle und auch traurige Tage.
Er spricht von den „Leiden dieser Zeit“ und an keiner Stelle davon, dass diese Leiden irgendwann einmal in unserer irdischen Zeit aufhören würden.
Genau so klar beschreibt Paulus auch, was daraus folgt: die Sehnsucht der Menschen nach Erlösung aus diesen Leiden, aus der Vergänglichkeit. Die Sehnsucht nach Herrlichkeit und nach Freiheit von Leid, Schmerz und Tod. Die Sehnsucht nach einer anderen, besseren Welt.
An dieser Stelle sagt Paulus nun: Ich bin überzeugt!!
Denn ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll.
Überzeugt von etwas kann man nur sein, wenn man das Betreffende, von dem man überzeugt ist, auch wirklich erfahren hat. Wenn es einen triftigen Grund für diese Überzeugung gibt.
Paulus ist davon überzeugt, dass die schwere Zeit, die wir alle irgendwann einmal durchgemacht haben oder noch durchmachen müssen, nicht mehr ins Gewicht fallen wird, wenn wir Gott erst von Angesicht zu Angesicht begegnen.
Er ist davon überzeugt, weil Gott ihm in seinem Leben begegnet ist. Weil er bruchstückartig und in einigen Augenblicken schon jetzt einen Einblick in diese neue Welt bekommen hat – denn Gott hat ihn mit seiner Gegenwart berührt. Und diese Berührung, diese Begegnung hat ihn bis ins Mark erschüttert. Über jede Pore spürt er immer noch, was diese Begegnung in ihm bewirkt. Tief in seinem Herzen hat er immer noch fest und unerschütterlich die Gewissheit, dass Gott bei ihm ist und ihn führt – auch in den Leiden dieser Zeit.
2. Die Leiden und das Kreuz
Gott hat sich Paulus offenbart. Nicht als mächtiger Herrscher, sondern als der Gott, der in seinem Sohn Jesus Christus den Tod am Kreuz starb.
Paulus weiß, wir sind in unserem Leiden nicht allein! Es gibt jemanden, der unser Leiden kennt. In Jesus Christus hat Gott die Leiden der Zeit selbst durchlitten. In seinem Leiden ist Gott uns näher als sonst irgendjemand. Dafür steht das Zeichen des Kreuzes.
Die Leiden dieser Zeit – sie sind nicht vergessen, sie bleiben nicht ungesehen und nicht unbemerkt – unsere tiefen, verborgenen Lebenswunden, unsere Trauer und auch der Schmerz, der nicht schweigen will. Denn wohin sollten wir damit gehen, wenn nicht zu dem verwundeten und geschundenen Christus?
Wohin auch mit den ratlosen Schmerzen, verursacht durch blinde Naturgewalten?
Wohin mit dem Schmerz und der Trauer verursacht durch Kriege, durch Ungerechtigkeit und Wahnsinn, wenn nicht zu ihm?
Dieser Schmerz kann sich verbinden mit dem Schmerz den Christus erlitten hat – denn er fühlt mit uns. All das, was auf unserer Seele lastet, kann sich verbinden mit dem Kreuz – dem Bild des Gebrochenen – das Himmel und Erde verbindet. Denn – er – Christus nimmt alles mit, was sich mit ihm verbindet. Mit seinen Wunden, mit seinen Schmerzen, mit seinem Kreuz – mit seinem Tod.
Er nimmt es mit in den geheimnisvollen Durchgang zum Leben.
In seiner Auferstehung öffnet sich ein großes Tor für uns – durch das wir hindurch gehen können – ein Tor, hinter dem es hell wird.
„Denn ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll.
3. Die Offenbarung der Herrlichkeit
Durch Jesus Christus haben wir den Zutritt zur Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll.
Das Kreuz Christi, liebe Gemeinde, hat uns eine Tür geöffnet in einen unbegrenzten Raum.
Es ist ein Raum zum Innersten, zum Herzen und zur Ewigkeit Gottes.
Das, was Paulus uns deutlich machen will, ist folgendes:
Es gibt etwas in unserem Leben, das wichtiger ist als die Leiden dieser Zeit – etwas, das Bestand hat, auch über unser irdisches Dasein hinaus.
Und das ist unsere innige Beziehung mit Gott.
Sich mit Christus verbunden zu fühlen und die Kraft seiner Auferstehung zu spüren – schon jetzt – inmitten der Leidenszeit – das gibt unserem Leben Bestand.
Diese Auferstehungskraft, die schon jetzt Raum in uns gewinnt – wenn auch nur bruchstückhaft – diese Kraft ist unser Lebensfundament.
Es ist keine Vertröstung auf das Jenseits.
Ganz im Gegenteil.
Die Kraft der Auferstehung, die Offenbarung der Herrlichkeit in uns, das ist die Kraft für das Diesseits.
Es ist die Kraft, die uns innerlich lebendig macht.
Es ist die Kraft, die uns hilft, auch mit dem Dunklen und Schmerzhaften zu leben.
Es ist die Kraft, die uns hilft, uns auch den Schattenseiten des Lebens, und uns auch dem Erinnern an das Vergangene zu stellen.
Denn nur so werden wir begreifen,
und lernen – werden wir wachsen und reifen.
Liebe Gemeinde –
ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll.
Wer sich mit Christus verbunden weiß, der braucht auch keine Angst zu haben vor dem Tod.
Die letzte Tür auf unserem Lebensweg, wird nicht das Grab sein.
Unser Leben ist keine Linie mit einem großen Spannungsbogen, die irgendwann einmal endet.
Es ist keine Linie, die ansteigt oder fällt und irgendwann einmal zu Ende ist, abgeschnitten vom Tod.
Ostern lehrt uns etwas Anderes.
Es gibt einen geheimnisvollen Durchgang zum Leben.
Unser Leben geht aus – von Gott – und es kehrt einmal zu ihm zurück. Und deshalb wird unser Tod nicht das Ende sein, sondern der Eingang in ein neues Leben bei Gott.
Die Offenbarung der Herrlichkeit – das ist unser Ziel.
Diese Gewissheit hat Gewicht in unserem Leben.
Schon jetzt.
Denn wir gehen auf unserem Lebensweg nicht allein.
Wir haben jemand, der mit uns geht – auch durch die dunklen Zeiten hindurch.
Und er hält uns auch dann noch fest, wenn unser Leben hier auf Erden an die letzte Tür gelangt.
Ich bin davon überzeugt, liebe Gemeinde, dass wir nie tiefer fallen als in Gottes Hand, und dass Gottes neue Welt schon heute beginnt – auch in unserem Erinnern.
Wir haben schon heute etwas von dieser herrlichen Freiheit der Kinder Gottes in uns und wir dürfen gewiss sein, dass wir eines Tages endgültig von der Vergänglichkeit erlöst werden.
Die Hoffnung auf die neue Schöpfung lässt uns heute sagen: Wir gedenken der Toten, damit wir selbst Frieden halten und schaffen.
Wir gedenken der Opfer von Gewaltverbrechen, damit wir selbst mutig genug sind, gegen Gewalt anzugehen.
Denn wir sind – mit Paulus – davon überzeugt, dass die Leiden dieser Zeit nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll.
Wir gehen auf eine neue Schöpfung zu – deshalb lassen Sie uns alles uns mögliche dafür tun, dass wir in der jetzigen Schöpfung für Frieden und Gerechtigkeit sorgen.
Lassen Sie uns niemals aufhören, daran zu glauben und dafür zu kämpfen, dass Menschen fähig sind, mitfühlend, Anteil nehmend und gewaltfrei zu leben und zu handeln.
Und der Friede Gottes, welcher höher und größer ist als alle menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne und unser Erinnern in Jesus Christus. Amen
Vielleicht hilft es Euch ja auch. Ich hoffe jetzt erstmal, dass ich mit diesem Eintrag ohne Audio Enclosure nicht den Podcast zerschieße. Nachher lese ich Euch dann wieder was entspanntes vor, wie wäre es mit Nils Holgersson?
Ist das die Pastorin mit dem Luftballon?
Hihi, nein, die gehört doch nicht nach Tostedt. In unserer Gemeinde ist Gott kein Jahrmarktballon.
Ich finds cool, dass du das noch eingestellt hast! 🙂 Es schließt gut an und wer nur einschlafen will kann es ja überspringen 😉